3 x PHILOSOPHIE PUR
Arbeit – Muße – Faulheit!
Mit Texten von Hannah Arendt, Stefan Brotbeck, Albert Camus, Joseph von Eichendorff,
Friedrich Hölderlin, Paul Lafargue, Karl Marx, Bertrand Russell, Christoph Schlingensief,
Albert Schweitzer und Miguel de Unamuno
18 / 25. NOVEMBER und 2. DEZEMBER 2014 - ORF RADIOKULTURHAUS WIEN
3 x Dienstag um 20 Uhr
Wenn Sie sich als Veranstalter für die Reihe oder Teile davon interessieren, bitte ich um Kontaktaufnahme
Was ist Arbeit?
Warum arbeite ich?
Wie werde ich glücklich(er)?
„Wir sind eine Gesellschaft, die von den Fesseln der Arbeit befreit werden soll und wir kennen
kaum noch die höheren und sinnvolleren Tätigkeiten, um derentwillen eine Befreiung sich lohnen
würde“, konstatiert Hannah Arendt 1958 in ihrem berühmten Werk VITA ACTIVA und stellt auch noch
gleich dazu die Frage, was denn verhängnisvoller sein könne?
Sätze und Gedanken wie diese haben mich bewogen, einmal genauer in der philosophischen Literatur nachzuforschen, was Arbeit heißt und bedeutet in einer Zeit, in der sich vieles bis alles wandelt und auch die Grenzen zwischen Leben und Arbeit verwischt sind. Nicht zuletzt durch das Computerwesen und durch die Smartphones hat sich die Arbeit in jeden Winkel hineingeschlichen, so daß jede freie Minute angeblich genutzt werden kann. Seitdem ist sie fast verschwunden – die Muße unter dem Zwetschgen- oder dem Apfelbaum der Erkenntnis. Wie schön, da zu entdecken, daß der Schwiegersohn von Karl Marx, Paul Lafargue, sogar für ein Recht auf Faulheit plädiert und Miguel de Unamuno oder Bertrand Russell ein Lob des Müßiggangs singen. Man muss sich nicht unbedingt den Taugenichts von Joseph von Eichendorff zum Vorbild nehmen, aber seit meiner Beschäftigung mit dem Thema und den daraus folgenden Erkenntnisfreuden lautet meine Faustformel: ein Drittel Arbeit, ein Drittel Muße und ein Drittel Faulheit! Das stärkt den inneren Kompaß und hilft bei der Orientierung im neu zu gestaltenden und neu zu verstehenden Arbeitsleben – immer auf dem Weg in die Freiheit...
Kommen freut!
Alexander Tschernek
Argentinierstr. 30A - 1040 Wien - Reservierung empfiehlt sich: Tel (01) 501 70 377
ABEND I - Hölderlin, Unamuno, Russell, Lafargue
ABEND II - Brotbeck, Marx, Arendt
Abend III - Eichendorff, Schliengensief, Schweitzer, Camus
(Änderungen und Ergänzungen möglich)
STICHWORTE ZUM PROGRAMM:
ABEND I
FRIEDRICH HÖLDERLIN - DIE MUßE
Sorglos schlummert die Brust / Es ruhn die strengen Gedanken / Die süßen Spiele des Lebens /
Der geheime Geist der Unruh mit dem Geiste der Ruh aus einem Schoße geboren / Leben der Welt /
Glücklich wohn ich ihn dir
MIGUEL DE UNAMUNO - PLÄDOYER DES MÜßIGGANGS
Der Müßiggänger ist einer der aktivsten Menschen /
Aktivitäten, die nichts anderes als eine Form der Trägheit darstellen /
Manche arbeiten, um sich nicht zu langweilen/
Es ist unglaublich, welche Arbeiten der Mensch auf sich nimmt, nur um nicht arbeiten zu müssen
BERTRAND RUSSELL - LOB DES MÜßIGGANGS
Ich glaube nämlich, daß in der Welt zuviel gearbeitet wird /Der Gedanke,
daß die Unbemittelten eigentlich auch Freizeit und Muße haben sollten, hat
die Reichen stets empört /
Bisher sind wir noch immer so energiegeladen arbeitsam wie zur Zeit da es noch
keine Maschinen gab; das war sehr töricht von uns, aber sollten wir nicht auch
irgendwann einmal gescheit werden?
PAUL LAFARGUE - DAS RECHT AUF FAULHEIT
Nur nicht faul zur Faulheit sein /
Die rasende, bis zur Erschöpfung gehende Arbeitssucht der Individuen /
Die Arbeit als Ursache des geistigen Verkommens /
Das unerbittliche Gesetz der kapitalistischen Produktion /
Das Proletariat muß die Faulheitsrechte ausrufen
ABEND II
ARBEITSTAG - Kurzfilm von Alexander Tschernek & Atzgerei Productions
Wir sind eine Gesellschaft, die von den Fesseln der Arbeit befreit werden soll und wir kennen kaum
noch die höheren und sinnvolleren Tätigkeiten, um derentwillen eine Befreiung sich lohnen würde
STEFAN BROTBECK - ZUKUNFT. ASPEKTE EINES RÄTSELS
Ins Leben treten / Das Schicksal ist nicht das, was wir erfüllen, indem wir es erreichen; es ist das,
was uns erreicht, indem wir es erfüllen / Halbierte Zukunft macht uns ärmer / Aktivistische Hektik
und passivistische Lethargie / Initiative und Gelassenheit / Ins Denken rufen und ins Leben
KARL MARX - DIE ENTFREMDETE ARBEIT / DAS KAPITAL
Die Verwirklichung der Arbeit erscheint so sehr als Entwirklichung, daß der Arbeiter bis zum
Hungertod entwirklicht wird / Sobald kein physischer oder sonstiger Zwang existiert, wird die
Arbeit als eine Pest geflohen / Produktiver Arbeiter zu sein, ist kein Glück, sondern ein Pech / Die
Zeit ist alles, der Mensch nichts mehr / Die Zerstörung der Erde durch Arbeit / Der Mensch formiert
auch nach den Gesetzen der Schönheit.
HANNAH ARENDT - VITA ACTIVA
Die Fruchtbarkeit der Arbeit im Unterschied zu ihrer vermeintlichen Produktivität / Es ist durchaus
denkbar, daß die Neuzeit schließlich in der tödlichsten, sterilsten Passivität enden wird /
Produktive Knechtschaft und unproduktive Freiheit / Etwas sehr Einfaches: dem nachzudenken,
was wir eigentlich tun, wenn wir tätig sind
ABEND III
MORGENBESPRECHUNG - Kurzhörspiel von Alexander Tschernek
Ich lebe glücklich und zufrieden in der Wunde der Gegenwart / Gott hatte angerufen / Nie wieder Arbeit
JOSEPH FREIHERR VON EICHENDORFF - AUS DEM LEBEN EINES TAUGENICHTS
Ich saß auf der Türschwelle und wischte mir den Schlaf aus den Augen / Du Taugenichts, da sonnst Du
Dich schon wieder und läßt mich alle Arbeit thun / Den lieben Gott laß ich nur walten / Mein Vater
gab mir noch einige Groschen Geld mit auf den Weg
CHRISTOPH SCHLINGENSIEF - SO SCHÖN WIE HIER KANNS IM HIMMEL GAR NICHT SEIN
Beim Aufwachen ging es erst einmal los mit Heulen / Ich habe ein solches Bedürnis, noch etwas
Sinnvolles zu tun / Wenig reden, wenig Leute, mehr mit sich
ALBERT SCHWEITZER - DIE LEHRE VON DER EHRFURCHT VOR DEM LEBEN
Mit dem Geiste der Zeit befinde ich mich in vollständigem Widerspruch / Daß der Mensch
durch einfaches Denken in ein geistiges Verhältnis zu der Welt komme / Die sachliche
Lösung der sachlich gestellten Frage / Innerliche Freiheit / Sich nicht davor fürchten,
die trübe Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist
ALBERT CAMUS - SCHÖPFUNG UND REVOLUTION
Das Drama unserer Zeit, in der die Arbeit aufhörte, schöpferisch zu sein / Wo unsere
gramvollen Prinzen die Muße zur Liebe nicht mehr haben / Die revoltierte Kunst und
der Weg einer wilden Demut / Über den Ausgang des Kampfes kann man sich nur vernünftige
Illusionen machen / Der unverletzte Teil der Wirklichkeit / Die Natur des Menschen und
die Schönheit der Welt grüssen
(Änderungen und Ergänzungen möglich!)
Literaturliste:
- Arendt, Hannah -
- Vita activa oder Vom tätigen Leben, Piper 1967
- Brotbeck, Stefan -
- Zukunft - Aspekte eines Rätsels, Verlag am Goetheanum 2005
- Camus, Albert -
- Der Mensch in der Revolte, Rowohlt 1969
- Eichendorff, Joseph von -
- Aus dem Leben eines Taugenichts
- Hölderlin, Friedrich -
- Sämtliche Werke und Briefe, Bd.1, Aufbau Verlag 1995
- Kurz, Robert (Hrg.) -
- Marx lesen!, Eichborn 2006
- Lafargue, Paul -
- Das Recht auf Faulheit, Trotzdem 2004
- Russell, Bertrand -
- Lob des Müßiggangs, dtv 2002
- Schlingensief, Christoph -
- So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein, Kiepenheuer & Witsch 2009
- Schweitzer, Albert -
- Die Lehre von der Ehrfurcht vor dem leben, C.H. Beck 1966
- Unamuno, Miguel de -
- Plädoyer des Müßiggangs, Essay 31, Droschl 1996
Empfehlungen:
- Gruber, Reinhard P. -
- Nie wieder Arbeit (Schivkovs Botschaften vom anderen Leben), Droschl 2003
- Herrndorf, Wolfgang -
- Arbeit und Struktur, Rowohlt Berlin 2013
- Pessoa, Fernando -
- alias Alberto Caiero, Poesias - Poesie, Ammann 2004
- Weidelener, Herman -
- Mensch-sein heisst Schöpferisch-sein, Augsburg 2001